Es war sehr kalt – der Winter dräute, da trat und außerdem wars glatt, Professor Wurzel aus dem Haus, weil er was einzukaufen hat… (Heinz Erhardt)
Nun, es war extrem kalt in Khanty-Mansijsk. Und damit meine ich keine lausigen minus zehn Grad, sondern -35°C. Russland eben. Aber wir waren zum Glück nicht allein. Rein zufällig warteten neben uns auch eine weitere LH-Crew, sowie eine MD-11 der Martinair und von UPS und eine Estonian 737 auf ihr Start-Up nach Novosibirsk. Die Sinnhaftigkeit sei mal dahingestellt.

Im Grunde ist es auch egal, denn das eigentliche Ziel von Lufthansa Cargo Flug 1CM war Novosibirsk. Und dorthin wollten wir auch möglichst bald aufbrechen. Während die Zeit bis zum Abflug zum Teil sehr schleichend verging, standen wir dann aber ehe wir uns versehen konnten zurückgepushed auf dem Rollweg…


Die Amerikaner starteten vor uns mit ihrer Elf. Offensichtlich waren sie nicht so schwer beladen wie wir, denn sie hoben recht bald ab. Bei unserem Startgewicht von 220850kg würden wir allerdings die Klappen auf 25 Grad ausfahren müssen, um eine „angenehme“ Reserve von 1000 Metern an verbleibender Piste zu haben.

Nach dem Backtrack warteten wir auf die Startfreigabe.

„Lufthansa Cargo one-charlie-mike, Wind is calm, Runway zero-six, you’re cleared for take-off!”
“Cleared for take-off, Runway zero-six, Hansa Cargo one-charlie-mike.”
Somit hatten wir die Startfreigabe erhalten. Udo L., nebenberuflich Kapitän auf der MD-11, hauptberuflich Udonaut für panische Zeiten im All, war auch ready und so schob ich die drei Schubhebel nach vorne. „Take-off!“ – „Thrust set“ – „Eighty Knots“ – „V1“ – „Rotate!“
Bei 151 Knoten zog ich die Steuersäule nach hinten und der letzte große Trijet erhob sich kurz darauf in die Luft. Beeindruckend ist dabei immer wieder die große Schubkraft, sodass wir ohne Mühe schnell durch die Wolkenschichten stießen.


So erreichten wir auch relativ bald unsere Reiseflughöhe von 37.000 Fuß. Denn der Treibstoff sollte uns ja vorerst sowieso erst einmal nach Novosibirsk bringen, wo die Maschine fast 24 Stunden Aufenthalt haben würde.

Glücklicherweise waren die 560 Meilen nach UNNT, so der ICAO-Code von Novosibirsk, recht kurzweilig…trotz der kargen Landschaft. Udo freute sich schon auf Woddie Wodka und die Frauen. Er war bereits häufiger dort und konnte auch einiges zur Stadt an sich erzählen. Die größte Stadt Sibiriens folgt übrigens auch im gesamt-russischen Vergleich direkt auf Moskau und St. Petersburg. Wer nun schon allein beim Wort "Sibirien" das Zähneklappern bekommt, hat dabei sicherlich gar nicht mal so Unrecht. Aber Novosibirsk kann noch mehr, als nur der Gefriertruhe Konkurrenz machen. So gilt die Stadt als eines der wichtigsten Industrie- und Wissenschaftszentren Russlands. Unter anderem sind die Tschkalov-Flugzeugwerke hier beheimatet, eine Tochter von Suchoi, die hier unter anderem den Suchhoi Superjet 100 bauen.


Im Sinkflug wurden wir an den Lotsen von Novosibirsk-Approach weitergeleitet. Dieser wollte uns auf die etwas abgelegene Bahn lotsen. Ich weiß nicht genau, was Udo mit ihm auf Russisch abgemacht hat, aber offenbar waren sich dann die beiden einig, dass wir auch durchaus die 07 nehmen könnten. Diese zwei Knoten Seitenwind würden uns nichts weiter anhaben können und der Weg, den wir später am Boden rollen müssten, würde sich erheblich verkürzen.

Zu allererst folgten wir aber der KD07-STAR, welche bei dem NDB mit dem wohlklingenden Namen „NOVOTYRYSHKINO“ begann.
Oben sieht man ganz schwach am Rand den Säufermond – sagt Udo zumindest. Sein Wissen basiert größtenteils auf eigenen subjektiven Eindrücken und nicht-belegbaren Anekdoten. Ich halte mich da mal heraus…aber dass die Russen in schlechten Zeiten auch auf Enteisungsflüssigkeiten und reinen Alkohol zurückgreifen, um ihrer trockene Kehle zu benetzen, halte ich doch für etwas weit aus dem Fenster gelehnt.

Wenig später sahen wir nichts mehr im Anflug, denn Novosibirsk war in einer fiesen Suppe gefangen.

Ein paar Left-Turns später saßen wir passgenau auf dem ILS der Bahn 07. Bitching-Betty sorgte mit gewohnt lieblich-charmanter Stimme für die Callouts…

Nach einer Stunde und zweiundzwanzig Minuten setzten wir mit einem leisen Rumpeln auf der Bahn auf. Die Schubumkehr wurde nur im Leerlauf genutzt, die Bremsen standen auf Stufe eins. Wir würden schon zum stehen kommen…

Für mich ein Highlight: Der typische Charme eines russischen Airports mit den alten abgestellten Russenjets.


Nur wenige Positionen sind speziell für Heavies wie die MD-11 gedacht. Dennoch gibt es sie, zum Teil von Schneemassen umgeben. Bevor wir nun mit unserer Elf viel herumeiern riefen wir gleich die Groundcrew mit dem Follow-Me-Wagen. Vor der Position angekommen, wurden wir sofort „reingepushed“. Was für ein Service!


Erst einmal richtig angekommen, mussten die Absprachen mit den „Rampen-Assis“ getroffen werden, wobei diese Bemerkung keineswegs abwertend gemeint ist, sondern eigentlich die Ramp-Assistants meint. ...und wenn der Crewbus nicht gekommen ist, stehe ich noch heute da…

Weitere Informationen zu diesem Flug findet Ihr hier.. Dort könnt Ihr die Route, Szenerien und Charts zum Nachfliegen finden. Weitere tolle Destinationen in Russland für den FS2004 könnt Ihr auch auf Dedls Scenerymaps ausfindig machen.
Viele Grüße,
Sören