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von MD-80.net » 16.01.2010 15:56:10
Leider gibt es (noch) keine offizielle Mitteilung von Delta Air Lines, aber die ganzen Meldungen im Zusammenhang mit den neun MD-90 der China Eastern werden wohl stimmen.
Ein weiterer Ausbau scheint denkbar. So soll angeblich in den Verhandlungen über eine „Zusammenarbeit zwischen JAL und Delta“ auch die Übernahme aller 16 MD-90 von JAL Bestandteil sein. Dann wären da noch die MD-90 der China Southern und die MD-90 bei UNI Air und EVA Air. Alle drei genannten Fluggesellschaften haben in den vergangen Jahren ihre Pläne geäußert, ihre MD-90 durch Boeing 737/und oder A320 zu ersetzen.
Die Äußerung seitens der Delta, dass die MD-90 ihr effizientestes Flugzeug (in ihrer Klasse) sei, erzeugt bei mir mindestens ein wässriges Auge. So freundlich und positiv die Beurteilungen auch sein mögen: es waren Delta, die der MD-90 einen „Todesstoß“ gaben und die Effizienz wird der Delta nicht völlig unbekannt sein, da die MD-90 – und dies wird nach all den Jahren gerne vergessen – auf die Bedürfnisse und unter massiver Beteiligung seitens Delta konzipiert wurde. Die Entscheidung seitens der Delta zugunsten der MD-90 war der Startschuss für das MD-90-Programm und nicht die 737-800 oder A320.
Die Stornierung von 15 Festbestellungen nach nur sechzehn gelieferten MD-90 und Übertragung der Bestellungen und Optionen auf die 737-800 war eine klare Entscheidung gegen die MD-90 und Boeing konnte die Produktion im Jahr 2000 einstellen. Die MD-90 hat in vielen Bereichen Defizite gegenüber der 737-800 und A320. Die Schwächen liegen aber nicht in der Wirtschaftlichkeit. Delta werden nach mehrheitlichen Informationen ihre mD-90 in MSP stationieren. Die Lage von MSP ermöglicht die problemlose Bedienung von US-Küste zu US-Küste; hier wird das Hauptproblem behoben, dass die MD-90 in ihrer Auslegung keine transkontinentale Reichweite aufweist oder nur mit erheblichen Nutzlastbeschränkungen solche Route schafft. So kann aber die MD-90 ihr volles Potential ausschöpfen, extrem leise operieren und Delta weiterhin die bei Geschäftsleuten besonders populäre 5-er-Bestuhlung bieten.
Die MD-90 werden bei Delta nun eine höhere Passagierkapazität aufweisen, als vormals umgesetzt. 160 Sitzplätze werden eingebaut, F16Y144. Die höhere Kapazität wird durch die Entfernung der hinteren Bordküchen ermöglicht. Eventuell werden Delta auch ein anderes oft erwähntes Problem beheben wollen: die Gepäckfächer der MD-90 sind im Vergleich zu denen der A320 und 737-800 kleiner. Bei den MD-88 hat man vor einigen Jahren die Gepäckfächer vergrößert; es besteht die Möglichkeit, dass auch bei den MD-90 das Volumen steigen könnte...
Die MD-90 werden somit eine identische Kapazität aufweisen wie die 737-800 bei DL. Mehrere Äußerungen weisen darauf hin, dass bis zu einer bestimmten Streckenlänge die moderne 737-800 keineswegs besser abschneidet als die MD-90. Erst auf langen Routen kommt die bessere Eignung der 737-800 zum Tragen.
Delta könnten mit der MD-90-Flotte ähnliches vorhaben, wie es damals Dan-Air bei der „Comet“ machte: jedes freie Flugzeug kaufen, da kein echtes Interesse an der MD-90 besteht und gleichzeitig Delta durch dieses Vorgehen eine sehr effiziente und gut einsetzbare Flotte erhalten, die noch über Jahre hinweg eingesetzt werden kann.
Kombiniert mit der noch immer großen MD-88-Flotte würden Delta dann eine große Teilflotte von unproblematisch einsetzbaren und überaus vertrauten Kurz- und Mittelstreckenflugzeugen einsetzen.
Die Saudi MD-90-Flotte wird meiner Einschätzung nach nicht die erste Wahl sein, eher zuerst die MD-90 mit normalen Cockpits. Man kann aber schlecht einschätzen, wie sich Delta entscheiden könnten, wenn die Konditionen stimmen und man ein ganzes Baulos von MD-90 erhält, die allesamt identisch sind. Da aber – wie erwähnt – andere Betreiber von „normalen“ MD-90 ihre Flotten ausmustern wollen, wird man wahrscheinlich zuerst diese Flugzeuge kaufen wollen.
Die positiven Äußerungen gegenüber der MD-90 sind übrigens nicht nur von Delta in den letzten Jahren gefallen, sondern in Europa einst auch von SAS und dies bei parallelem Einsatz von MD-90 und der 737NG. Bei SAS-Passagierumfragen schnitt außerdem die MD-80/-90 besser ab als die 737NG.
Die Geschichte der MD-90 verlief anders und es wurden viel weniger Flugzeuge produziert als bestellt wurden. Alleine in den USA würden ansonsten Delta Air Lines und Alaska Airlines große MD-90-Flotten einsetzen und es ist fraglich, ob eine heute noch existierende Japan Air System ihre 16 MD-90 ausmustern würden. Auch gibt es bei UNI Air keine schwerwiegenden Gründe gegen den weiteren Einsatz von MD-90 – hier sind es – dies ist meine Behauptung- eher der Wunsch, „neuere“ Flugzeuge einzusetzen und nicht eine „Unwirtschaftlichkeit“ mit Flugzeugen, die mit IAE V2500-Triebwerken angetrieben werden. Das traditionelle Einsatzspektrum der UNI MD-90 war und ist derart heftig, dass die strukturelle Belastung nicht gerade gering ist und die MD-90 verrichten dort weiterhin sehr treue Dienste, wenngleich es einen schweren Zwischenfall vor zehn Jahren gab, wo nach der Landung einer MD-90 ein Feuer ausbrach und das Flugzeug ein Opfer der Flammen wurde. Es gibt wohl aber auch aktuell kein Flugzeug ihrer Klasse, welches leiser abheben kann als die MD-90.
Letztlich zeigte sich aber, dass ein Cocktail von verschiedenen Faktoren aufzeigt, dass die A320 und 737-800 gewannen und die heutige Szenerie zeigt ja das Ergebnis.
Rückblickend hätte die damalige Entscheidung seitens der Swissair und Austrian gegen eine auf Europa zugeschnittene MD-90 sämtliche Alarmglocken schrillen lassen müssen. Vielleicht war man aber durch die damals hohe Produktionsrate der MD-80 geblendet und in der Entwicklungsphase der MD-90 entschieden sich diverse Unternehmen für die MD-80 und gegen die MD-90. Vielleicht waren hier – abgesehen von der erheblichen Lärmreduzierung und Optimierung – die Unterschiede nicht groß genug für einen Sprung hin zur MD-90 und weg von der MD-80.
Gruss!