Diese Ansicht teile ich ganz und gar nicht.speedbike hat geschrieben: ... Kingfisher war zu früh. Der Bedarf ist definitiv vorhanden, Indien ist ein Schwellenland und wird in den nächsten Jahren das durchmachen, was China in den letzten 10 Jahren durchgemacht hat. ...
Eine nennenswerte Anhebung des Lebensstandarts, wie sie den „Söhnen des Himmels“ während der letzten Dekade zuteil wurde – wovon mehr oder weniger die gesamte Bevölkerung der Volksrepublik China partizipiert – wird es in Indien auf absehbare Zeit nicht geben.
Das liegt vorrangig an dem ausgeprägten „Kastensystem“, an dem sich in Indien aller Voraussicht nach auf Generationensicht so gut wie nichts ändern wird.
Ein klein wenig hab ich mich mit dieser Nummer schon seit geraumer Zeit auseinander gesetzt und hoffe, dass ich das einigermaßen korrekt rüber bringen kann:
Der begriff „Kaste“, der im Prinzip nichts weiter als eine Rassenzuordnung (portugisisch „casta“ = Rasse) darstellt, hat auch im hinduistisch geprägten modernen Indien eine Vorrangige Bedeutung. Nämlich in der Form, dass die Zugehörigen einer bestimmten „Kaste“ aus dieser im Prinzip nicht heraus kommen. Was auch immer sie anstellen.
Es gibt nahezu unzählige „Unterkasten“ (s.g. „Jatis“), deren Komplexität mir wohl auf ewig unerschlossen bleibt. Aber immerhin ist es hilfreich darum zu wissen, dass diese aus vier wesentliche Hauptgruppen (den s.g. „Varnas“) hervorgehen. Die da wären:
1 die Brahmanen (zum Beispiel Priester oder Angehörige der intellektuellen Elite)
2 die Kshatriyas (zum Beispiel Adelige, höhere Beamte, Soldaten)
3 die Vaishyas (zum Beispiel Gewerbetreibende, Grundbesitzer, Bauern)
4 die Shudras (zum Beispiel Arbeiter, Handwerker, Tagelöhner und alles was „darunter“ liegt)
Die „Kasten“ sind hierarchisch angeordnet und geben familiäre, soziale und berufliche Kontakte vor. Und wie gesagt: die Aufstiegschancen in eine höhere Kaste bestehen so gut wie nie ( 90% aller Ehen werden innerhalb der eigenen „Unterkaste“ geschlossen – so besagen es zumindest seriöse Quellen).
Die Kaste der Shudras (und somit des „unterprivilegierten“ Bevölkerungsanteils) macht den mit Abstand größten Anteil der Bevölkerung des Subkontinents aus. Diese ungeheure Masse an Menschen möchte man vielleicht bewegen, aber um dies gewinnbringend zu bewerkstelligen, nützt es herzlich wenig, wenn zwar seit 1947 offiziell das „Kastensystem“ abgeschafft wurde und in „modernen“ öffentlichen Verkehrsmitteln keine nach „Kasten“ getrennte Unterbringung mehr vorgenommen wird. Und selbst die Tatsache, dass sich binnen der letzten zehn Jahre das Durchschnittseinkommen eines Inders ungefähr verdoppelt hat, gibt keinerlei Anlass dazu auf einen Boom der Luftfahrtbranche in Indien zu hoffen: Internationale Quellen nennen in absoluten Zahlen eine Steigerung von umgerechnet einem US$ auf „sagenhafte“ zwei US$ pro Tag.
Kein Angehöriger der Shudras und wohl auch nur die allerwenigsten Vaishyas werden sich jemals ein Flugticket leisten können!
Ach ja; und dann wäre da auch noch so ganz nebenbei die berüchtigte Indische Bürokratie, die schon so manch engagiertes wirtschaftliches Vorhaben zu einer Todgeburt gemacht hat. Ganz zu schweigen von der zum Himmel stinken Korruption, unter der dieses Land seit jahrzehnten leidet
Hoffentlich berücksichtigt man das alles auch in der Auftragsannahme im Hause Airbus, wenn es um die Bewertung der Nachhaltigkeit (und somit Gewichtigkeit) dieses „Größten Auftrages der Luftfahrtindustrie“ geht.
Sorry für diesen etwas längeren Exkurs...